Kalkutta > 28-02-2010, 06:49
Dies ist eine Kampfansage an den rotzfrechen Nachwuchs
…
Hört genau zu, Ihr zungengepiercten Technohopper mit
dem A…geweih über dem Steißbein: Ihr wart nicht dabei!
Wir - Fünfziger bis Siebziger - haben sie live erlebt:
die Geburt des Synthesizers und den wahren Soundtrack
der 70er, der von Bands wie Depeche Mode, The Cure und
Yazoo geschrieben wurde.
Wir haben noch mit Midischleifen und Oszillographen
gekämpft! Wir haben Euren "Techno" erfunden,
bei uns nannte sich das aber noch Wave und war
tatsächlich Musik. Wir konnten durchtanzen, ohne uns
bunte Pillen einwerfen zu müssen, um es zu ertragen.
Unsere einzige Droge hieß Blue Curacão auf Sekt, noch
früher genügte eine ordentliche Menge Apfelkorn.
Wir mussten noch keine Angst haben, dass uns Tina
Turner mit Seniorenoberschenkelhalsbruch von der Bühne
purzelt. Wir haben Madonna noch mit festen Brüsten und
ohne Baby-Pause gekannt, Ihr Nasen!
Joschka Fischer trug Jeans und Turnschuhe. Echte Punker
hatten Uhu in den Haaren und kein
"L'Oreal".
Bei uns haben sich keine Neonazis mit Türken
geschlagen, sondern Punks mit Mods, Mods mit Poppern,
Popper mit Rockern und alle gemeinsam gegen mit der
Polizei. Da war auch Joschka dabei. Bei uns gab es noch
Mofas, Mokicks und 80er, bei denen durchgängig die
Betriebserlaubnis erloschen war, denn das Wort
"frisieren" hatte damals noch seine
eigentliche Bedeutung, was ihr kahl geschorenen Pfeifen
nie verstehen werdet.
Und wer einen Führerschein hatte, fuhr als erstes Käfer
oder einen alten BMW, bei dem Dellen von
Individualismus zeugten, ihr Smart-Popel. Wir erinnern
uns noch an Terroristenfahndungsplakate, auf denen hin
und wieder ein Gesicht liebevoll mit Kuli von einem
Staatsbediensteten durchgestrichen wurde.
Die Bundeswehr machte noch Spaß. Wir kannten ja die
Richtung, aus der der Feind kommt.
Sex war sicher und Motorsport tödlich. Heute ist es
genau anders herum. Ein Tattoo hatte nur jemand, der
wirklich ein halbes Jahr in Indien oder Thailand war.
Bei uns rannte nicht jede Tippse schnell noch ins
"Letzte Tattoo-Studio vor der Autobahn", um
sich im Alcopops-Brand chinesische Zeichen auf den
Nacken pieksen zu lassen, die wahrscheinlich nichts
anderes bedeuten als "Wer das liest ist
doof".
Die Rapper kamen noch aus dem echten New Yorker Ghetto
und nicht aus der Schweiz. Zu unserer Zeit fielen
Breakdancer auf den Fußgängerzonen noch hin und wieder
richtig auf die Fresse, und Peter
Maffay wurde beim Stones-Konzert ordentlich von der
Bühne gepfiffen. Wir hatten noch die Qual der Wahl
zwischen Pop, Rock, Metal und Italo-Disco und mussten
nicht den wöchentlich ändernden Cross-Over-Trends
nachjapsen.
Wir hatten noch Plattenspieler (auf 33 und 45 U/min)
und richtig geile Plattencover, auf denen man die Namen
der MUSIKER (und nicht der Programmierer) ohne Lupe
erkennen konnte und die tatsächlich Kunst waren - keine
tempotaschentuchgroßen, einfarbigen Booklets auf denen
gerade noch "Nice Price" lesbar ist.
Genau die gleichen Texte, die heute
"Rosenstolz", "Juli" und
"Silbermond" singen, hörte man jeden Samstag
in der ZDF-Hitparade von Bernd Clüver, Christian Anders
und Cindy & Bert. Für uns war eine LP etwas Heiliges,
das gepflegt und geliebt werden musste - und keine
CD-Plastik-Wegwerfware, die so robust ist, dass man sie
durchaus auch als Bierglasuntersetzer verwenden kann.
Bei uns erkannte jeder sein Eigentum noch an den
individuellen Kratzern.
Wir haben kein Big-Brother geschaut, sondern
"Formel Eins", wo es eine ganze fette Stunde
wirklich gute Musikvideos zu sehen gab, wir hatten kein
MTV mit degenerierten Klingelton-Werbespots und
eingebildeten20DJ-Flaschen nötig. Wir haben uns
"Magnum" und "Simon & Simon"
reingezogen, haben uns die Sakkoärmel hinaufgeschoben
und ließen uns die Haare seitlich ins Gesicht fallen -
ohne diese beknackten, umgedrehten Baseballmützen oder
Wollhauben.
In unseren Hosen konnte man noch sehen, ob eine®
einen Hintern hatte. Heute hängt der A…. ja bei jedem
von Euch in der Kniekehle der ach so tollen Adidas
Jogginghose (die WIR damals nur im Sportunterricht
angezogen haben). Man konnte erkennen ob jemand
"männlich" oder "weiblich" war.
Heute verschlabbert alles unter künstlich vergammelter
Bekleidung. Wir waren stolz auf unsere weißen Socken
und trugen Slipper mit einem Pfennigstück in der
Schuh-Zunge und keine Plateau-Sohlen-Schuhe, die
früher
ausschließlich bei Klump-Füßen ärztlich verschrieben
wurden.
Und weil ihr gerade im Leistungskurs für Informatik
sitzt: die AC/DC-Einritzungen auf den Tischen sind von
UNS - und es geschieht Euch nur recht, wenn ihr glaubt,
dass die Dinger aus dem Physiksaal kommen, wo irgendein
findiger Schüler seinerzeit die Abkürzung für
"Gleichstrom/Wechselstrom" in die Bank
gemeißelt hat!
Ach ja, hiermit entschuldige ich mich, auch im Namen
meiner Altersgenossen, für Modern Talking.
Das haben wir wirklich nicht gewollt...